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Wo das Böse und die Liebe wachsen…Dienstag führten Sylter Schüler erstmals das Musical über eine gefräßige Horrorpflanze auf
Westerland
– Die Horrorpflanze in der gleichnamigen Aufführung der Musical-AG der Realschule Westerland forderte am Dienstagabend im Forum des Schulzentrums unerbittlich und großmäulig ihren Tribut: „Füttere mich jetzt! Mehr, mehr...!“ Aber wie das im Leben so ist: Das Böse, sich anfangs auf leisen Sohlen in die menschliche Existenz einschleichend, ihm Erfolg und Lebensglück versprechend, ist ein Fass ohne Boden. Nicht nur die Bibel weiß davon, auch Mythen und Märchen, etwa die Gebrüder Grimm. Der Franzose Charles Baudelaire schließlich gab seiner Lyriksammlung den vielsagenden Titel „Fleurs du Mal“ (Die Blumen des Bösen), in der es unter anderem um die Faszination des Menschen vor dem Bösen geht. Zweifellos stellen sich hier Assoziationen zum Musical ein, denn es erzählt ebenfalls vom vergiftenden Bann des Bösen, dem der Mensch erliegt. Rosa Scheewe hat es als Skript für die Aufführung sprachlich gekonnt bearbeitet. „Denkst du, es ist leicht, mit der Schuld zu leben?“ klagt der Blumenverkäufer Seymour, den Thies Nastraha überzeugend spielte. Am Ende kapituliert auch er vor der Übermacht des einem biblischen Höllenschlundes gleichenden Pflanzenmauls. Diesem Geschehen steht ein anderer Handlungsstrang gegenüber: So wie das Böse wächst und gedeiht, erblüht in seiner unmittelbaren Nähe unter den beiden Beschäftigten des Blumenladens (Maike Lingelbach als mit klarer Stimme singende und spielende Audrey und eben Thies Nastraha) die Liebe. Zeitgenossen, so der geschäftstüchtige und gerissene Ladenbesitzer Mushnik (souverän und sicher: Merlin Zielinski) oder der sadistische Zahnarzt Orin (multifunktional als Spieler, Sänger, Gitarrist: Maxi King), begleiten und gefährden ihren Weg. Sie verfallen letztendlich aufgrund ihrer gestörten Existenzen ebenfalls dem Rachen des Bösen. Das alles spielte sich vor vollbesetzten Zuschauerrängen ab, denen mit einer annähernd zweistündigen Aufführung ein (dank Realschullehrerin Rixa Winkelmann) perfekt choreographiertes Musical geboten wurde, das den Vergleich mit ähnlichen Produktionen keineswegs zu scheuen braucht. Neben manchen Gymnasiasten (so Jonas Bornemann als Mr. Martin, die mit sicherem Geigenspiel die Handlung begleitende Katharina Brauer oder Jan Bertram am Schlagzeug), fielen als Akteure deutlich die vielen ehemaligen Realschüler auf, etwa der mit sicherer Hand in der Technik agierende Jona Welle. Ein engagierter Kreis, der sich immer wieder zu gemeinsamen Aktionen zusammenfindet und damit seine Verbundenheit mit der Schule dokumentiert.
Das alles, dank einer sie alle inspirierenden, zusammenhaltenden und immer wieder aufs Neue motivierenden Kraft: Beate Salzig. In ihren Händen lag nicht nur das anspornend-feurige Klavierspiel, sondern die Leitung des Projektes insgesamt. Den vielen Besuchern schenkte sie mit ihrer Truppe einen beeindruckenden Abend; ihren Schülern und Ehemaligen vermittelte sie erneut Erlebnis- und Erfolgsmomente und damit Erfahrungen, deren tiefere Bedeutung sich ihnen erst im Verlauf der Zeit richtig erschließen mag. In den vielen Umarmungen, dankbaren Blicken oder mancher Geste der Zuneigung aber wurde das an diesem Abend bereits deutlich. Die nächste Aufführung des Musicals findet heute um 20 Uhr im Forum des Schulzentrums statt. Einlass ab 19.30 Uhr, der Eintritt ist frei. KLAUS LORKOWSKI
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